Drucken? Kann jeder. Schließlich war es noch nie so einfach, von einer gelungenen Zeichnung oder einem besonderen Lettering beliebig viele Exemplare zu drucken: Ab in den Scanner damit, evtl. Bildbearbeitung, gutes Papier einlegen, Druck starten – und zack! Heraus kommen beliebig viele Kopien.
Eben. Kopien.
Nur Kopien? Oder lieber doch Unikate?
Wenn man aber schlichtweg mehrere Unikate haben will? Einzelstücke? Auf Papier, aber vielleicht auch auf Tüchern, Papiertüten oder Holz? Alles mit Herzblut gemacht, jedes gleich und doch mit persönlicher Note, jedes einzigartig? Dann muss man drucken. Also – richtig drucken meine ich. Mit allem Drum und Dran. Mit Druckplatte, mit Farbe, mit der Spannung, ob es gelungen ist und inklusive ungeduldigen Wartens, bis alles getrocknet ist.
Und dass dies alles sogar in der eigenen Küche funktionieren kann, zeigen Laura Sofie Hantke und Lucas Grassmann in ihrem Buch „In unsrer Küche wird gedruckt“, das gerade im Verlag Hermann Schmidt erschienen (und vermutlich außerhalb einer Küche gedruckt worden) ist.
Mit Hochdruck zum Flachdruck – Küchenlithographie
Kurz vor Ende ihres Designstudiums wurde den beiden klar, dass sie später nie mehr so vielfältige Möglichkeiten haben werden, eigene Drucke herstellen zu können. Auf der Suche nach Alternativen stießen sie auf „Kitchen Litho„, einer Drucktechnik, die nach dem Prinzip des Flachdruckverfahrens funktioniert und sich die chemische Regel zunutze macht, dass Wasser und Öl keine Verbindung eingehen. Dabei wird zuerst das Motiv auf einen speziellen Lithographiestein mit fetthaltiger Farbe aufgezeichnet. Danach wird der Stein geätzt, anschließend mit Wasser befeuchtet, mit Druckfarbe bestrichen und dann auf den zu bedruckenden Untergrund gepresst (das ist jetzt aber wirklich die ultrakurze Fassung).
Die hier vorgestellte Küchen-Variante wurde entwickelt von der Französin Émilie Aizier-Brouard (alias Emilion) und ganz besonders gefällt mir, dass das alles offensichtlich funktioniert mit Dingen, die entweder ohnehin schon vorhanden oder ansonsten relativ problemlos zu besorgen sind:
„So wird Alufolie zur Druckplatte, Terpentin wird durch einfaches Pflanzenöl ersetzt und zum Ätzen der Druckplatte nutzen wir Cola.“
So sieht dann meine Notiz aus mit den Dingen, die ich noch besorgen muss. Sehr überschaubar für ein so ambitioniertes Projekt. Finde ich zumindest.
Wem es gefällt, macht es in der Küche, an der Balkontür oder in der Wanne
„In unsrer Küche wird gedruckt“ macht auf 115 schön bedruckten Seiten richtig Lust, es auch mal in der eigenen Küche zu versuchen. Es sind viele Bilder enthalten, die Beispiele mit völlig unterschiedlichen und gelungenen Druckprojekten zeigen. Alle der ausführlichen und nachvollziehbaren Anleitungsschritte sind auf kleine, eingebundene Zettel (in meiner Lieblingsfarbe!) gedruckt und werden durch Skizzen und Doodles im Buch optisch und erklärend ergänzt. Es werden Tips gegeben, falls Schwierigkeiten auftreten, auf eventuelle Problematiken hingewiesen; es wird gezeigt, worauf man drucken kann (und worauf man dann achten muss) und dass nicht nur die Küche sich als Druckwerkstatt eignet, sondern man, je nach Größe und Stil des Objektes, auch auf die Balkontüre ausweichen oder sogar in die Wanne für tolle Ergebnisse steigen kann…
Ich jedenfalls werde bald ausprobieren, wie sich meine kleine Küche macht, wenn anstatt gekocht eben gedruckt wird und wenn aus ihr nicht Apfelkuchen-, sondern Druckerfarbenduft strömt.
Wer noch? Lasst mich wissen, ob und wie euch das Buch gefällt und vor allem, falls auch in eurer Küche gedruckt wird.
Hier geht es zur Verlagsseite – dort findet ihr auch eine kleine Vorschau zum Buch:
Laura Sofie Hantke
Lucas Grassmann
„In unsrer Küche wird gedruckt“
Verlag Hermann Schmidt
ISBN 978-3-87439-885-5
116 Seiten
19,80 €
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